Neues Betreuungsrecht 2023

Zum 01.01.2023 sind umfassende Regelungen zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts in Kraft getreten Die Neuregelungen wurden bereits mit dem "Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts" am 04.05.2021 vom Bundestag verabschiedete und am 12.05.2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Die Reform widmet sich vielen, teilweise oft monierten Problempunkten in der Betreuung und Vormundschaft und soll überkommene Defizite im Umgang mit (Pflege-)Kindern und Betreuungsbedürftigen ausräumen. Außerdem soll aus dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen das Gebot größtmöglicher Selbstbestimmung besser als bisher umgesetzt werden.

Das Gesetzespaket enthält umfassende Umbauten im Vormundschafts- und Betreuungsrecht: Mit der Reform wurden eine ganze Reihe von Gesetzen geändert, darunter das BGB, das EGBGB, das FamFG, die ZPO, das BtOG, das SGB und das RPflG.

An dieser Stelle möchte ich nur auf die Neuregelungen im Rahmen der Reform zum sog. "ehelichen Notvertretungsrecht eingehen, weil diese Regelungen Fragen zur weiteren Notwendigkeit persönlicher Vorsorgeverfügungen aufwerfen könnten:

Die Vertretungsmöglichkeiten des anderen Ehegatten in gesundheitlichen Notsituationen wurden deutlich erweitert. In Fällen, in denen ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit vorübergehend nicht in der Lage ist, die Angelegenheiten seiner Gesundheitssorge zu regeln, erhält der andere Ehegatte ein auf maximal sechs Monate begrenztes gesetzliches Vertretungsrecht, § 1358 BGB. Dieses umfasst: die Einwilligung in Untersuchungen und Heilbehandlungen, die Einwilligung in ärztliche Eingriffe, den Abschluss von Behandlungs- und Krankenhausverträgen, den Abschluss von Verträgen über eilige Maßnahmen zur Rehabilitation sowie einige weitere dringliche Regelungsbefugnisse, § 1358 Abs. 1 Ziff. 1-4 BGB.

Dem Notvertreter gegenüber sind gemäß § 1358 Abs. 2 BGB die Ärzte für die Dauer des Notvertretungsrechts von der Schweigepflicht entbunden. Gemäß § 1358 Abs. 3 BGB besteht das Vertretungsrecht nicht bei getrenntlebenden Ehegatten oder wenn dem behandelnden Arzt bekannt ist, dass der vertretene Ehegatte eine Vertretung durch den anderen Ehegatten nicht wünscht oder er bereits eine andere Person zu seiner Vertretung bevollmächtigt hat oder eine gerichtliche Betreuung steht.

Zwar hat der Gesetzgeber mit der Reform in diesem Bereich einen wichtigen und notwendigen Schritt getan, doch zeigen bereits die sachlichen - und vor allem auch die zeitlichen Einschränkungen (6 Monate) des ehelichen Notvertretungsrechts qua Gesetz, dass es auch künftig zwingend geboten ist, schon in "guten Tagen" umfassende und praktikable Regelungen zur Verwirklichung des eigenen Selbstbestimmungsrechts im Rahmen persönlicher Vorsorgeverfügungen zu treffen:

Durch das Notvertretungsrecht ist die Vorsorge nicht vollumfänglich geregelt. Wegen der offenen rechtlichen Fragen einerseits und der Beschränkung auf ärztliche Behandlungen sowie die zeitliche Befristung andererseits, sollten Ehepaare autonom in weiser Voraussicht handeln und weiterhin an eine Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung denken, welche sinnvoll sind und ihren Hausarzt davon in Kenntnis setzen.

Zum einen bezieht sich das neue Ehegattenvertretungsrecht nur auf Gesundheitsangelegenheiten. Behördengänge, Versicherungsangelegenheiten oder Bankgeschäfte sind davon nicht abgedeckt. Dies muss daher auch zukünftig in einer Vorsorgevollmacht geregelt werden. Zum anderen besteht dieses Notvertretungsrecht nur für maximal 6 Monate. Sollte der betroffene Ehegatte nach Ablauf dieser Zeitspanne nicht wieder selbst entscheiden können und liegt keine Vollmacht vor, muss ein Betreuer bestellt werden. Mit einer Vorsorgevollmacht wird sowohl der Bereich der Gesundheitssorge als auch der Bereich der Vermögenssorge abgedeckt. Mit ihr hat der Vertreter die Möglichkeit, sämtliche notwendigen Handlungen für denjenigen vorzunehmen, der die Vollmacht erteilt hat. Eine notarielle Generalvollmacht deckt meist nur der Bereich der Vermögenssorge ab. Wenn jedoch die Gesundheitssorge hier nicht übertragen wird, muss dafür beim Betreuungsgericht eine rechtliche Betreuung beantragt werden.

Rechtsanwalt Christoph Roland Foos, LL.M.
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Erbrecht - Magister der Verwaltungswissenschaften
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