Die Ausgangssituation
Viele Unternehmen, insbesondere inhabergeführte (Familien-)Betriebe, sind in zahlreichen Belangen auf die Person ihres Chefs zugeschnitten und oft auch von dessen Präsenz abhängig. Der ordentliche Betriebsablauf mag zwar für eine gewisse Zeit (z. B. im Urlaubsfall) gewährleistet sein, aber schon eine längere Krankheit, ein längerer unfreiwilliger Aufenthalt im Urlaub oder gar der plötzliche (Unfall-)Tod des Unternehmers kann diesen massiv beeinträchtigen, wenn nicht sogar unmöglich machen.
Wer ein Unternehmen betreibt oder führt, trägt die Verantwortung auch dafür, dass sein Betrieb selbst dann seine Geschäftstätigkeit aufrechterhalten kann, wenn er (der Unternehmer) plötzlich für längere Zeit ausfällt. Ohne entsprechende Vorsorgemaßnahmen ergeben sich in einem solchen Fall – neben dem Ausfall der Arbeitskraft – Probleme und viele Fragen. Erforderlich sind organisatorische und finanzielle Vorkehrungen ebenso wie vertragliche Regelungen und dokumentierte Willenserklärungen. Anspruch auf Fürsorge des Unternehmers haben die Mitarbeiter seines Betriebes und im Privatbereich seine Familienangehörigen.
Letzteres ist umso bedeutsamer, wenn die gesamte wirtschaftliche Existenz vom Erfolg des Unternehmens abhängig ist. Führt nun beispielsweise eine fehlende Bankvollmacht dazu, dass im Todesfall bis zur Vorlage eines Erbscheins keine Verfügungen mehr über das Konto getroffen werden können, sind Zahlungsschwierigkeiten unabwendbar. Oder ist niemand außer dem Chef befugt, Zugriff auf Unterlagen oder Dateien mit wichtigen betrieblichen Informationen zu haben, so ist auch niemand im Notfall in der Lage, fundierte Entscheidungen im Betriebsinteresse zu treffen. Und wenn die finanzielle Absicherung der Familie wesentlich vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens abhängt, so stellt sich die Frage, ob dies bei Berufsunfähigkeit oder Tod des Unternehmers auch noch ausreichend gewährleistet ist.
Für viele Risiken werden freiwillig oder gesetzlich vorgeschriebene Vorsorgemaßnahmen getroffen - an organisatorische Regelungen oder die Minderung der finanziellen Konsequenzen für die Angehörigen im Notfall wird weit weniger gedacht.
Fragen zur Sensibilisierung - Seien Sie ehrlich zu sich selbst !
1.
Weiß ich genau, welche Konsequenzen ein längerer vorübergehender Ausfall meiner Person für den Betriebsablauf hat?
2.
Bin ich mir voll im Klaren, welche Konsequenzen ein tödlicher Unfall für den Fortbestand des Unternehmens hat?
3.
Wäre meine Familie ausreichend finanziell abgesichert? Wenn ja, ist die Vorsorgeplanung innerhalb der letzten zwölf Monate aktualisiert worden?
4.
Liegt ein Testament oder Erbvertrag vor? Wenn ja, habe ich den Inhalt während der letzten zwei Jahre auf meine derzeitigen Vorstellungen und Wünsche hin geprüft und ggf. angepasst?
5.
Sind die für den Todesfall vorgesehenen Regelungen im Privaten eindeutig und vermeiden sie Erbstreitereien? Wenn ja, habe ich mich diesbezüglich durch den Rat von Fachexperten abgesichert?
6.
Sind zur Schonung des Vermögens steuerliche Aspekte berücksichtigt worden? Habe ich organisatorische Vorkehrungen im Unternehmen für den Vertretungsfall getroffen? Wenn ja, haben die Verantwortlichen im Notfall auch die entsprechenden Vollmachten?
7.
Besteht bereits eine Regelung oder zumindest eine konkrete Vorstellung zur dauerhaften Nachfolge für mich im Betrieb? Wenn ja, wurde dies ausreichend im Testament und ggf. im Gesellschaftsvertrag berücksichtigt?
8.
Wissen die mir Nahestehenden, was bei einem schweren Unfall oder gar im Todesfall zu tun ist? Wenn ja, haben sie von mir Unterstützung z. B. durch eine vorbereitete Checkliste erhalten?
9.
Ist sichergestellt, dass die Familie oder die Personen meines Vertrauens bei Bedarf die benötigten Unterlagen finden bzw. kurzfristig Zugang zu den wichtigsten Informationen usw. erhalten? Wenn ja, ist ihnen im Notfall auch der Zugang möglich (z. B. Safeschlüssel, Passwörter, Codes)?
Wenn Sie alle Fragen mit Ja beantwortet haben, beglückwünsche ich Sie für Ihre verantwortungsvolle Voraussicht und empfehle Ihnen, sich in regelmäßigen Abständen mit der Thematik weiterhin zu beschäftigen. Wenn Sie eine oder mehrere Fragen mit Nein beantwortet haben, will ich Ihnen Ihr persönlicher Ratgeber sein und stelle Ihnen auch praktische Hilfsmittel zur Erstellung Ihres persönlichen „Notfallordners“ als besonderes Mittel Ihrer Vorsorgeplanung zur Verfügung.
Ziele der persönlichen Risikovorsorge
Der Notfallordner ist ein Instrument zur Unterstützung der Risikovorsorge für den plötzlichen Ausfall des Unternehmers z. B. durch Krankheit, Unfall oder Tod. Der Unternehmer soll für seine Verantwortung sensibilisiert werden, die er für ausreichende Vorsorgemaßnahmen zur Absicherung der Angehörigen und Mitarbeiter trägt, und mit Hilfe des Leitfadens die erforderlichen Maßnahmen durchführen. Der „Adressat“ (z. B. Stellvertreter, Hinterbliebene) erhält eine praktische Hilfe, die ihm schnell einen Überblick zu den zentralen Ausgangsbedingungen im privaten und/oder betrieblichen Bereich verschafft und ihm die benötigten Informationen vermittelt, die zur Wahrnehmung der wichtigsten Aufgaben erforderlich sind (insbesondere für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes).
Nutzen der persönlichen Risikovorsorge
Die Beschäftigung mit dem Thema „Vorsorge für den Notfall“ muss nicht nur der Abwehr oder Minderung von Risiken im operativen Tagesgeschäft dienen, sondern kann auch als Chance genutzt werden, um Maßnahmen zu ergreifen, die von strategischer Bedeutung für das Unternehmen sind:
Durch die Gestaltung bestimmt der Unternehmer, wer bei vorübergehender Abwesenheit über welche Informationen und welche Befugnisse bzw. Vollmachten verfügt. Das heißt mit gezielter Planung und Steuerung gibt der Unternehmer nur Informationen preis, die er für zweckmäßig und ausreichend hält, und erteilt nur Kompetenzen, die erforderlich sind.
Mit der Beschäftigung zur Thematik Stellvertretung oder Nachfolge kann der Unternehmer rechtzeitig Weichenstellungen vornehmen, damit in der „außerplanmäßigen“ Situation des Notfalls auch der tatsächlich vom Unternehmer gewünschte Kandidat „das Ruder übernimmt“. Durch die Ausgestaltung einer Notfallregelung beeinflussen Sie Ihr Ratingergebnis und schaffen gleichzeitig gute Zukunftsperspektiven. Das Ratingergebnis und somit Ihre Bonität wirken sich direkt auf die Finanzierungskonditionen aus. Rating allerdings nur mit Kreditzinsen in Verbindung zu bringen, ist zu kurz gegriffen. Vielmehr bietet die aktive Gestaltung des Ratings auch die Chance, die Ergebnisse für das eigene Unternehmen nutzbar zu machen, Handlungsmöglichkeiten zu bewerten und das Unternehmen einem ständigen Check zu unterziehen. Nur eine eindeutige und zukunftstaugliche Nachlassregelung vermeidet in Familienbetrieben von vornherein Erbstreitigkeiten. Sofern relevant, lassen sich durch aktives „Erbschaftsmanagement“ mit fachkundiger Beratung Steuern sparen, was zur Schonung der Vermögenssubstanz führt.
Die "schlechte" Nachricht zum Schluss ...
Errichtet ein Unternehmer oder Mitunternehmer ein notarielles Testament zur Regelung seiner Rechtsnachfolge und besteht sein Nachlass im Wesentlichen aus Betriebsvermögen, stellt sich die Frage, ob die für die Testamentserrichtung entstandenen Notarkosten als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.
Nach § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Wird mithin eine Rechnung für notarielle Dienstleistungen bezahlt, so entscheidet die betriebliche oder private Veranlassung der Dienstleistungen über die Abzugsfähigkeit (BFH, Urteil v. 08.11.2018, IV R 38/16, BFH/NV 2019 S. 551 Rz. 60).
Der Erbfall ist ein privater Vorgang: Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist der Erbfall stets dem privaten, d.h. dem außerbetrieblichen Bereich, zuzuordnen (BFH, Urteil v. 16.5.2001, X R 16/98, BFH/NV 2001 S. 1262 Rz. 21).
Gleiches gilt für Testamentserrichtung: Ist der Erbfall in einkommensteuerrechtlicher Sicht notwendig ein privater (außerbetrieblicher) Vorgang, so können die Kosten, die im Zusammenhang mit der Errichtung eines Testaments anfallen, nach einer Entscheidung des Niedersächsischen FG grundsätzlich nicht dem betrieblichen Bereich des Steuerpflichtigen zugeordnet werden (Niedersächsisches FG, Urteil v. 19.7.2000, 12 K 153/96, EFG 2000 S. 1372). Dem wird in der Literatur zugestimmt. Danach sind Testamentskosten auch bei betrieblicher Nachfolgeregelung keine Betriebsausgaben (Schmidt/Loschelder, EStG, 43. Aufl. 2024 § 6 Rz. 520). Auch Prozesskosten keine Betriebsausgaben: Kosten für ein Unternehmertestament können nicht allein deshalb als Betriebsausgaben Berücksichtigung finden, weil sie der Einkunftserzielung dienende betriebliche Vermögensgegenstände zum Gegenstand haben. Aber auch Prozesskosten, die einem Erben im Zusammenhang mit der Anfechtung des - andere Personen als Erben bestimmenden - Testaments wegen Testierunfähigkeit des Erblassers entstehen, stellen selbst dann keine Betriebsausgaben dar, wenn zum Nachlass ein Gewerbebetrieb gehört (BFH, Urteil v. 17.6.1999, III R 37/98, BStBl 1999 II S. 600; BFH, Urteil v. 10.1.2024, VI R 16/21, BStBl 2024 II S. 442 Rz. 14).
Die hier dargestellten Inhalte dienen lediglich der ersten, überblicksartigen Information des Ratsuchenden und sind keinesfalls geeignet, die persönliche und verbindliche Beratung durch den Rechtsanwalt zu ersetzen. Alle Angaben erfolgen demnach unverbindlich und ohne Gewähr.